Tiny Houses im Tourismus

Welche Potenziale bieten Tiny Houses im Tourismus? Wer ist die Zielgruppe dieser Kleinst-Häuser, die bislang nur von wenigen Anbietern geführt werden? Und auf welche Herausforderungen muss sich ein Bauherr einstellen? Am Kooperationstisch der Fachhochschule Potsdam und des Clustermanagements Tourismus der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH am 23. Mai 2019 wurden genau diese Fragen zwischen Unternehmern und Professoren diskutiert.

Tiny House und Tiny Living

In der Diskussion um Tiny Houses ist immer wieder festzustellen, dass eine genaue Definition des Begriffes fehlt. Und so werden die unterschiedlichsten Unterkunftsformen unter „Tiny Houses“ subsummiert: Vom alt hergebrachten Ferien-Bungalow über den Zirkuswagen bis hin zum Schlaffass – alles ist plötzlich „tiny“, nur weil es Leben auf begrenztem Raum bedeutet. In Deutschland ist mit „Tiny House“ meist eine Grundfläche von unter 50m² gemeint; bei einem Tiny House on Wheels (auf einem Anhänger mit Rädern) sind es bauartbedingt meist weniger als 15m² (Quelle: tiny-houses.de).

Doch das Tiny House ist mehr als eine quantitative Quadratmeter-Reduzierung; es geht beim Tiny Living um die Rückbesinnung auf das Wesentliche im Leben und die (zumindest in den Ferien) praktizierte Abkehr von Überfluss und Verschwendungskultur. Durch seine Einfachheit und verkleinerte Bauart antwortet das Tiny House auf die Trends des Downsizings, des Minimalismus, der Suffizienz; das Zukunftsinstitut spricht gar vom „Phänomen des neuen Verzichts“.

Der Mythos des Verzichts

Doch wieviel Verzicht steckt wirklich im Tiny House? Letztlich bietet es mit Bett, Küche, Sanitär und oft auch Heizung den gleichen Standard wie eine Ferienwohnung, mutet aber durch sein individuelles Design und seine Enge häuslicher / gemütlicher („hyggelig“) an. Im Tiny House Hotel im Fichtelgebirge, angelegt auf einem ehemaligen Campingplatz, werden mehrere Tiny Houses auf Rädern inklusive WLAN und kleiner Terrasse angeboten. Das Tiny Escape am Rande des Naturschutzgebietes Schnaakenmoor lässt mit Panoramafenstern über den Betten, Regendusche und Holzofen wenige Wünsche offen. Mit „Komfort, Design und Funktionalität“ wirbt das Tiny House Resort in Wredenhagen. Der pure Verzicht kann also nicht das primäre Motiv für den Urlaub im Tiny House sein.  Auch historische Kleinsthäuser, wie die sechs Kleinsthäuser in Kyritz, finden sich im touristischen Angebot.

Der Charme der kreativen Wohnformen

Vielmehr ist es das Außergewöhnliche des Tiny Houses, was seinen Charme ausmacht. Die Unterkunftsformen für Touristen haben sich in den letzten Jahrzehnten stark ausdifferenziert: Kreative Wohnformen an Land oder auf dem Wasser wie Baumhäuser, Pods, Schäferwagen, Lodgezelte, Schlafstrandkörbe, Stelzenhäuser, Wohnboote oder umgebaute Leuchttürme sind nur einige Beispiele (siehe Grafik: Übersicht der kreativen touristischen Wohnformen). In unserer Beratung von Destinationen haben wir immer wieder festgestellt, dass das Außergewöhnliche die Gäste verstärkt anzieht. So werden die kreativen Unterkunftsformen, aber auch Unterkünfte, die durch eine regionale Baukultur geprägt sind, zu Leitprodukten der Region, mit denen sich Aufmerksamkeit generieren lässt und die nicht selten auch zu höheren Preisen ihre Nachfrage finden. Dabei ist es nicht allein die außergewöhnliche Form der Unterkunft, die ihre Attraktivität ausmacht, auch Naturnähe und regionsangepasste Gestaltung erhöhen das touristische Potenzial.

Die besondere Urlaubsunterkunft als Gegenpol zum alltäglichen Wohnen wird so zum eigenen touristischen Erlebnis – und genau darin besteht das Potenzial der kreativen Wohnformen. BTE hat sich ausgiebig mit der Segmentierung der kreativen Wohnformen, den dahinter liegenden Lebensstilen und Trends sowie der Einordnung der Tiny Houses beschäftigt – gerne bieten wir dazu Vorträge an.

Zielgruppe: Hipster?

Entsprechend der fehlenden Definition der Tiny Houses liegen bislang keine validen Aussagen zu den Zielgruppen vor. Im Rahmen des Kooperationstisches wurden junge Familien (30+ mit Baby/Kleinkind) als wesentliche Nutzer der touristischen Tiny Houses durch die Anbieter in Brandenburg benannt. Im Berliner Umland sind es vor allem die gestressten Großstädter der Szenebezirke, die ihre Auszeit im Grünen und gleichzeitig bei gemütlichem Zusammensein (auf engem Raum) genießen wollen.

Genehmigungsfähigkeit

Tiny houses sind keine Rechtkategorie, sondern werden anderen Kategorien zugeordnet: Wenn es Räder hat, ist es ein Wohnwagen, wenn es schnell demontiert werden kann, ist es ein Zelt, wenn es leicht wieder entfernt werden kann, ist es ein Mobilheim, wenn es ein Fundament braucht, ist es eine Hütte.

Vergleichsweise einfach ist die Genehmigung auf einer rechtlich abgesicherten Fläche, also auf bebaubarem Grund, am Rande eines Campingplatzes oder im Außenbereich auf einer Hoflage im Rahmen der privilegierten Landwirtschaft.

Ein Haus muss die Energieeinsparverordnung erfüllen, wenn es mehr als 4 Monate bewohnt werden soll. Eine Baugenehmigung ist selbstverständlich erforderlich.

Sonderregelungen gelten für Mobilheime und Wohnwagen. Hier greift häufig die Campingplatzverordnung.

Ganz schwierig wird es im Außenbereich, an lauschigen Plätzen, draußen in der Natur, da, wo Gäste gern auch mal übernachten wollen. Das sind rechtliche Sonderfälle, für die manchmal Regelungen gefunden werden können. Dazu bedarf es sorgfältiger Planung.

Weitere Informationen und Beispiele:
Re:hof Rutenberg
Tiny Living Festival

Ansprechpartnerin:
 Juliane Koch

Einordnung der Tiny Houses

Fotos und Grafiken: BTE