„Green Meetings“ – mehr als ein Schlagwort

Greenmeetings Silke Heck

7 Erfolgsfaktoren von Grünen Tagungen am Beispiel der greenmeetings und events

In den vergangenen zwei Tagen war ich als Gast bei der 4. greenmeetings und events, einer Veranstaltung von GCB und EVVC, die sich mit dem Themenfeld „Nachhaltig Tagen“ auseinander setzt. Seit 2011 findet die Veranstaltung alle zwei Jahre statt. In diesem Jahr haben etwa 300 Akteure aus der Veranstaltungsbranche den Weg nach Waiblingen in der Metropolregion Stuttgart gefunden. Mit Vorträgen, Workshops, Seminaren und Exkursionen zu den Themensträngen Technik, Marketing & Kommunikation und soziale Nachhaltigkeit standen verschiedene Aspekte von Grünen Events auf der Agenda.

Das Thema Green Meetings liegt mir persönlich schon seit einer Weile am Herzen: Bei meiner vorherigen Tätigkeit beim Deutschen Tourismusverband habe ich mich bei der Organisation und Durchführung von DTV-Veranstaltungen wie dem Deutschen Tourismustag mit dem Thema „Nachhaltig Tagen“ auseinandergesetzt und unter anderem die GCB-Weiterbildung zum Nachhaltigkeitsberater in der Veranstaltungsbranche gemacht. Umso mehr freue ich mich, das Thema auch bei BTE weiter zu verfolgen. 

Natürlich schaut man bei einer Veranstaltung die sich inhaltlich mit der Thematik befasst auch bei der Umsetzung ganz genau hin. Auf ein paar wesentliche organisatorische Dinge, die für mich auch wesentliche Knackpunkte für nachhaltige Veranstaltungen sind, möchte ich gerne eingehen: 

Papierlose Veranstaltung mit Event-App statt Tagungsmappe 

Schon im Vorfeld verliefen der gesamte Anmeldeprozess, die Rechnungstellung und die Teilnehmerinformation papierlos. Eine Event-App stand schon Tage vor der Veranstaltung zum Download zur Verfügung und hat alle relevanten Infos zum Programm, den Referenten sowie organisatorischen Hinweise zur Verfügung gestellt. Die Teilnehmerliste war per App einsehbar, wer wollte konnte ein Foto ergänzen und direkt per App andere Teilnehmer kontaktieren. Push-Nachrichten unterstützen während der Tagung die Besucherlenkung und -information (siehe Foto) und dank stabil funktionierendem WLAN in der Location konnte die App auch während der Tagung problemlos genutzt werden, obwohl die Netzabdeckung mit Handyempfang stark eingeschränkt war. 

Ich denke bei größeren Veranstaltungen werden Event-Apps oder zumindest mobile Internetseiten kurz- bis mittelfristig analoge Tagungsmappen vollständig ersetzen. Das spart nicht nur Energie und Papier, sondern kann dank Funktionen wie Teilnehmerlisten, Live-Umfrage-Möglichkeiten oder Chat-Funktion auch zur Interaktion und zur nachhaltigen Vernetzung der Teilnehmer beitragen.

Veranstaltungszeiten geschickt wählen 

Die Veranstaltungszeit der greenmeetings und events war mit Beginn am Montag um 13 Uhr und Ende am Dienstag um 14 Uhr bewusst so gewählt, dass die Teilnehmer von (fast) überall in der Bundesrepublik – selbst aus dem fernen Berlin – auch mit der Bahn rechtzeitig in die Metropolregion Stuttgart und zurück reisen konnten. Das ist nicht nur ökologisch nachhaltig, weil so den Teilnehmern die Anreise mit dem ÖPNV überhaupt zeitlich ermöglicht wird, sondern auch sozial nachhaltig, weil die Teilnehmer nicht bereits am freien Sonntag die Anreise starten mussten. Ökonomisch nachhaltig war es im Übrigen auch: Das GCB hat das DB-Kongressticket zum unschlagbaren Preis von 79,- hin und zurück in der 1. Klasse angeboten. 

Anreise überwiegend mit der Bahn, Mobilität vor Ort steuern

Etwa 65% der CO2-Emissionen von zweitätigen nationalen Veranstaltungen entstehen durch die An- und Abreise der Teilnehmer. Das DB-Veranstaltungsticket, welches im Fernverkehr eine Anreise mit 100% Ökostrom verspricht, ist hier ein wesentlicher Baustein. Das auch eine Kooperation mit einer Airline besteht, ist im Kongressbereich, wo Zeit gleich Geld ist, normal. Vorbildlich ist, dass die Flüge durch das GCB nachträglich kompensiert werden und damit die Schweizer Non-Profit-Organisation myclimate unterstützt wird. 

Eine Herausforderung, mit der gerade etwas abseits gelegene Locations zu kämpfen haben, ist die Mobilität vor Ort. Da Waiblingen keine Hotelkapazität für so viele Teilnehmer vorweisen kann, wurde auf Hotels im benachbarten Fellbach und in Stuttgart zurückgegriffen. Prinzipiell ist das Bürgerzentrum mit dem ÖPNV zu erreichen: Zwischen Stuttgart Hbf und Waiblingen Bahnhof verkehren S-Bahnen, ab dem Bahnhof öffentliche Busse zur Location. Für die Teilnehmeranreise wurden zu den Startzeiten der Tagung vom Bahnhof Waiblingen Shuttle-Busse zur Location angeboten, die auf die Ankünfte von S- und Regionalbahnen getaktet waren. Auch nach der Abendveranstaltung gab es einen Shuttleservice zu den Hotels. 

Hier wird deutlich, dass Veranstalter manchmal vor dem Zielkonflikt Nachhaltigkeit vs. Teilnehmerservice stehen: Um Leerfahrten zu vermeiden, wurde der Shuttleservice nur um 22 Uhr angeboten. Das schränkt die Wahlfreiheit der Teilnehmer ein. Wer also früher gehen oder länger bleiben wollte und nicht fußläufig untergebracht war, musste entweder auf den in den Abendstunden nur noch sehr selten verkehrenden ÖPNV oder – wenig nachhaltig – das Taxi umsteigen. 

Verbesserungspotenzial ist an dieser Stelle schwierig zu benennen, weil dies tatsächlich ein Kernproblem der nicht ganz zentral gelegenen Locations ist. Wenn sich kurze Wege nicht realisieren lassen, wäre der Einsatz von emissionsreduzierten Transportmitteln wie Elektro- oder Erdgasbussen eine Möglichkeit gewesen, aber das ist „meckern auf hohem Niveau“. Dass der Veranstaltungsort „trotz“ der Lage gewählt wurde, finde ich aus Verbandssicht von GCB und EVVC mehr als richtig und wichtig, da es viele Veranstaltungszentren in eher ländlicheren Gegenden gibt, die mitgenommen werden müssen und die alle vor der gleichen Herausforderung stehen. 

Politisches Bekenntnis zum Nachhaltigen Tagen 

Der Veranstaltungsort Waiblingen ist bei näherer Betrachtung nicht verwunderlich. Das sich die Stadt das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahne schrieben hat, merkt man nicht nur, wenn man die Reden des Oberbürgermeisters Andreas Hesky hört, der das Thema tatsächlich lebt, sondern auch daran, dass die Stadt mehrfach mit dem European Energy Award ausgezeichnet wurde, Projektpartner im Förderprogramm „Modellregion für nachhaltige Mobilität“ und Gesellschafter der regionalen Energieagentur ist. 

Der Tagungsort war das Bürgerzentrum, welches im Jahr 1984/85 gebaut wurde. Das Gebäude gehört der Stadt und wird durch die Verpachtungsgesellschaft Waiblingen mbH betrieben. Das Haus versteht sich als fairer Partner in einem lokalen und regionalen Netzwerk in der Region Stuttgart und ist Partner des Stuttgart Convention Bureaus. Als Unterstützer des Nachhaltigkeitskodexes fairpflichtet werden viele Maßnahmen im Bereich Nachhaltigkeit umgesetzt, wie beispielsweise die Verwendung von Elektroautos und Pedelecs im eigenen Fuhrpark, die Implementierung von Jobtickets für die Mitarbeiter oder die Inklusion von Menschen mit Lernbehinderung im Catering. Und durch die Lage des Bürgerzentrums mitten in der Talaue und mit großer Glasfront und Blick ins Freie ist „Grün Tagen“ hier quasi Programm (siehe Foto). 

„Neu kann jeder“ – Nachhaltig Tagen in Locations aus den 80er Jahren 

Bemerkenswert ist, dass diesjährig die greenmeetings und events in einem vergleichsweise „alten“ Gebäude stattfand. Mit dem darmstadium in Darmstadt und dem KapEuropa in Frankfurt wurde die Veranstaltung zuletzt in Locations durchgeführt, bei denen schon beim Bau auf nachhaltige Standards geachtet wurde. Aber wie der Oberbürgermeister der Stadt Waiblingen augenzwinkernd bei der Abendveranstaltung gesagt hat: „Neu kann jeder.“

Waiblingen zeigt eindrucksvoll, wie durch politisches Bekenntnis und regelmäßige bauliche, technische und energetische Maßnahmen in Nachhaltigkeit investiert werden sollte. Dadurch kann auch ein Veranstaltungshaus „Ü30“ sowohl optisch in Schuss als auch auf dem neuesten und nachhaltigsten Stand der Technik gehalten werden. Meistens erfolgt dabei eine größere Maßnahme jährlich, welche dann „im laufenden Betrieb“ bzw. mit maximal vier Wochen Schließzeit im Jahr durchgeführt wird. „Kleinere Maßnahmen“, wie die Instandhaltung der Fassade, erfolgen stetig. Ein schönes Beispiel ist auch die Bestuhlung, die nachdem sie in die Jahre gekommen war nicht einfach ausgetauscht wurde, sondern von einem ansässigen Unternehmen nach ergonomischen Gesichtspunkten neu aufgepolstert und bezogen wurde. Das ist nicht nur nachhaltig sondern auch um ein Vielfaches günstiger. 

Die benötigten finanziellen Mittel bleiben so jährlich in vergleichsweise überschaubarem Rahmen und sind durch die Stadt zu stemmen. Einzelne Maßnahmen wie die Umrüstung der Beleuchtung auf LED oder der Austausch von Wärmepumpen sind außerdem teilweise durch den Bund oder das Land Baden-Württemberg förderfähig. Laut Aussage des zuständigen Amtsleiters für Hochbau und Gebäudemanagement haben sich die Investitionskosten für die Lampenumrüstung in 3-4 Jahren, die für die Erneuerung der energiesparenderen Wärmepumpen sogar schon in 2-3 Jahren amortisiert.

Regionale und regionaltypische Speisen und Getränke

Bei allen Einsparungspotenzialen hinsichtlich Energie- und Wasserverbrauch darf man nicht vergessen, dass „Grün Tagen“ für den Veranstalter besonders im Bereich Catering auch zu Mehrkosten führt, für die die Zahlungsbereitschaft (vor allem bei Public Events) noch eher eingeschränkt ist. Stichworte, die hier zu nennen sind, sind vor allem Fleisch in Bioqualität und fair gehandelter Kaffee. Catering und Getränke der greenmeetings und events waren regional und unterstützten regionale Wirtschaftskreisläufe (siehe Foto). Heimische Weine, heimisches Bier, heimischer Apfelsaft, Maultaschen, Linsen und Spätzle und süßen Teilchen vom Bäcker um die Ecke. Regionaltypisch und regional bezogen, ja – aber wenig überraschend. 

Gerade vor dem Hintergrund, dass bei der Veranstaltung ein für das Thema hochsensibilisiertes Publikum sitzt, hätte ich mir an der ein oder anderen Stelle noch etwas mehr Mut gewünscht. Sei es zum Beispiel durch ein vollständig vegetarisches Catering oder durch den Versuch konsequent „das ganze Tier“ auf dem Buffet zu verwerten. 

„Tue Gutes und rede darüber“ 

Seitens der Veranstalter hätte ich mir vor Ort noch etwas mehr Kommunikation gewünscht, welche „grünen Maßnahmen“ ergriffen wurden. Die greenmeetings und events ist Benchmark für andere grüne Veranstaltungen und sollte aus meiner Sicht daher offensiver die umgesetzten Maßnahmen dokumentieren. Gleiches gilt auch für das Bürgerzentrum Waiblingen, das zwar eindrucksvoll gezeigt hat, wie weit es in Sachen Nachhaltigkeit ist, dies aber für Veranstalter und Veranstaltungsteilnehmer auf der Homepage nicht deutlich kommuniziert. 

Als gutes Beispiel kann hier die Jahreskonferenz des Rates für Nachhaltige Entwicklung dienen, die alle Maßnahmen, die im Rahmen des nachhaltigen Veranstaltungsmanagements realisiert werden, online zusammenfasst (siehe Link unten). 

Fazit oder „Green Meetings“ auf dem Vormarsch

Die Veranstaltung hat gezeigt, wie viele Veranstaltungshäuser und Veranstaltungen das Thema „Green Meeting“ schon auf der Agenda haben und vorbildlich umsetzen. Bundesweit gibt es laut EITW über 7.000 Veranstaltungszentren, Tagungshotels und Eventlocations – die Teilnehmerzahl von ca. 300 Teilnehmern sowie die laut GCB rund 400 ausgebildeten Nachhaltigkeitsberater zeigen aber auch, dass noch viel Luft nach oben ist und das Thema noch lange nicht alle erreicht hat. 
Nachhaltigkeit wird – wie auch einige Vorträge und Workshops verdeutlicht haben – meiner Meinung nach auch in der Veranstaltungsbranche oftmals noch zu theoretisch betrachtet. Viele haben gefühlt auch Angst, dass eine „100% nachhaltige Veranstaltung“ nicht möglich ist und lassen es daher lieber ganz. Aber wie überall gilt auch hier: Klein anfangen, ausprobieren, Erfolge messen (gerade bei Energie- und Wasserverbrauch sehr einfach möglich) – und diese dann natürlich auch feiern.

Ein Beitrag von: Silke Orth