Institutionelle Nachhaltigkeit im Tourismus

Dr. Alexander Schuler

7 Thesen zur Bedeutung für die Organisation und das Management einer DMO

Gerade ist die 2. Auflage des UTB Bandes „Nachhaltiger Tourismus“ erschienen. In dieser findet sich erneut mein Beitrag zur „Institutionellen Nachhaltigkeit des Tourismus“. Die gerade durch den zweiten Bundeswettbewerb „Nachhaltige Tourismusdestinationen“ und unsere entwickelten Kriterien unterstrichene Bedeutung des Managements im Nachhaltigen Tourismus wie auch ein aktuelles Projekt zur Entwicklung von Empfehlungen zur Organisation des Tourismus auf regionaler Ebene in Brandenburg ließen mich noch einmal einen Blick in den Artikel von 2015 werfen. In diesem finden sich interessante 7 Thesen und Statements, die nach wie vor unverändert ihre Richtigkeit haben.

Grundsätzlich stellt sich die Frage, wie eigentlich organisatorisch eine Destinationsmanagementorganisation (DMO) im Sinne der Nachhaltigkeit strukturiert sein sollte. In meinem Fachartikel aus 2015 finden sich einige zusammenfassende Überlegungen und Ideen zur nachhaltigen und zukunftsfähigen Strukturierung einer DMO, die auch 2017 nach wie vor ihre Gültigkeit haben und nachfolgend nur leicht ergänzt wurden.

Eine DMO benötigt für ihre Aufgabenerfüllung eine marktgerechte Ressourcenausstattung

Natürlich sollte eine DMO über ausreichend personelle und finanzielle Ressourcen verfügen, um die gestellten Aufgaben wahrnehmen zu können. Absolute Budgetgrößen sind schwer zu benennen, auch wenn sich in praktischen Handlungsleitfäden und der Fachliteratur hierzu Empfehlungen finden. Diese unterscheiden sich beispielsweise in Deutschland, Österreich und der Schweiz sehr stark und rangieren zwischen 1 und 4,5 Mio. Euro Gesamtbudget oder auch nur Marketingbudget für die DMO. 

Plädoyer für eine Orientierung an Geschäftsfeldern

Nach einer weniger starren, an festen Budgetgrößen orientierten, Sichtweise, hängt die Höhe der finanziellen Ressourcen viel stärker von der Anzahl der zu managenden strategischen Geschäftsfelder (SGF). Ein Geschäftsfeld setzt sich zusammen aus (Quell-)markt + Produkt (z.B. im Wander-, Gesundheits- oder Kulturtourismus). Destinationen in der Schweiz und Österreich haben vor allem Gäste aus dem Ausland. Diese Quellmärkte zu bearbeiten ist aufgrund der Distanz und Konkurrenz kostenintensiver, als wenn eine Destination vor allem Zielgruppen aus einem Nahmarkt (Nachbarbundesland) oder vor allem Bestandskunden für die eigenen Produkte begeistern will. Und ferner ist eine Marktpositionierung „des großen Bauchladens“ viel kostspieliger, als wenn sich eine DMO auf wenige, erfolgsversprechende Geschäftsfelder konzentriert.

Eine aufgabenorientierte Budgetierung ist mit kooperierenden Netzwerkpartner wesentlich einfacher

Durch eine enge Kooperation und Aufgabenteilung der Netzwerkpartner in der Destination (Gastgeber, Freizeiteinrichtungen, Schutzgebiete, Kommunen etc.) wie mit Netzwerken und Marktkennern außerhalb (Onlineplattformen, Reiseveranstaltern, Bloggern etc.) lassen sich die Budgets der Partner untereinander gezielter und effizienter einsetzen und miteinander kombinieren. Notwendig ist dafür ein detailliertes Wissen über die Customer Journey zur Identifikation der Geschäftsfelder und eine Orientierung der DMO mit ihren Aufgaben nicht nur nach außen, sondern auch nach innen auf Basis einer Strategie und eines entsprechen-den Controllings. 

DMOs sollten sich von einem reinen Destinations- hin zum integrierten Destinations- und Standortmanagement entwickeln

Die DMO sollte sich bestmöglich auch vom reinen Destinations- hin zum integrierten Destinations- und Standortmanagement entwickeln. Tourismus als Querschnittsdisziplin kann nicht losgelösten von regionalen Entwicklungsprozessen und Themen wie regionale Produkte, Kultur, Architektur, Standortentwicklung, Fachkräfte etc. betrachtet werden. Eine inhaltliche und organisatorische Verzahnung ist deshalb angebracht, auch angesichts einer sinkenden öffentlichen Budgetverfügbarkeit der kommunalen Haushalte. Tirol und Südtirol auf Landesebene oder das Allgäu auf regionaler Ebene sind gute Beispiele für diese Entwicklung. 

Destinationsentwicklung ist immer als dynamischer Prozess zu verstehen

Erstens verändern sich die Rahmenbedingungen (Klima, verfügbare öffentliche Budgets, Demografie, technische Möglichkeiten etc.) kontinuierlich. Zweitens sind auch die Kundenwünsche dynamisch. Drittens sind eine Destination und seine Infrastruktur selten als vollständig entwickelte Angebote zu verstehen. Es gibt gästeorientierte Angebote, die bereits am Markt erfolgreich positioniert werden können und den Kunden im Rahmen der gesamten Customer Journeys zufrieden stellen. Aber auch diese Angebote haben einen Lebenszyklus, der irgendwann unweigerlich in die Stagnation führt und die Angebote innoviert werden müssen. Ferner gibt es auch immer Teilräume und Anbieter, die noch Unterstützung in der Entwicklung und Qualifizierung benötigen, bevor ihr Angebot marktreife besitzt. Eine DMO hat im Rahmen eines nachhaltigen Verständnisses und der Aufgabenwahrnehmung immer diese beiden „Geschwindigkeiten“ zu beherzigen. Im Prozess sind mithin verschiedene „Stakeholder“ in die Entwicklungsprozesse einzubeziehen.

Notwendig ist ein Paradigmenwechsel in der Aufgabenorientierung: weniger nach außen und mehr nach innen arbeiten

Abgleitet aus dieser dynamischen Sicht wächst die Notwendigkeit für einen Paradigmenwechsel der Aufgabenorientierung. In der Verantwortlichkeit der DMO liegt nicht nur die Vermarktung von Angeboten der Orte und Unternehmen nach außen. Auch wenn viele DMOs noch immer so arbeiten, liegt die Zukunft und damit das Verständnis eines nachhaltigen, zukunftsfähigen Destinationsmanagements in einer nach außen wie nach innen gerichteten Orientierung. Nach innen verfolgt die DMO einen strategischen Ansatz zur Entwicklung der Destination inkl. der kooperativen Entwicklung der strategischen Geschäftsfelder (Stichwort „Innenmarketing“, siehe Bild 3). Nach außen geht es um die gästeorientierte Kommunikation und den Vertrieb der SGFs in eigenen Medien oder vermittelt über Netzwerkpartner und Marktkenner. 

DMO-Manager als Moderatoren und Leader einer strategischen und nachhaltigen Destinationsentwicklung

Das Management und die Partizipation der Stakeholder in der Entwicklung einer Destination sind deshalb zentrale Aufgaben. Die DMO-Manager treten hierbei verstärkt als Moderatoren auf. Fähigkeiten als „Leader“ sind gefragt. Sie sollten sich immer als Interessenvertreter der Leistungsträger und des Natur- und Kulturraumes verstehen, die auf der einen Seite zu einer Stärkung des Wirtschaftsfaktors Tourismus beitragen sollen aber auf der anderen Seite auch dafür Sorge tragen müssen, dass es nicht zu einem „Ausverkauf“ der sozialen, ökologischen und kulturellen Ressourcen kommt.

Ein Beitrag von: Dr. Alexander Schuler